Als Kitz das niedliche Tier schlechthin, beim Fressen ein Nascher und auf der Flucht clever! Das Reh…
Einleitung
Das Reh ist seit Jahrzehnten die häufigste Huftierart in den Schweizer Wäldern. Das hohe Nahrungsangebot in der heutigen Kulturlandschaft sowie der geringe Feinddruck hilft dabei, den Bestand mit rücksichtsvoller Bejagung stabil zu halten. In der Schweiz werden jährlich rund 40’000 Rehe erlegt, dies hat unter anderem zum Ziel den Bestand der Tragfähigkeit der heutigen Lebensräume anzupassen.
Einordnung | Paarhufer > Wiederkäuer > Geweihträger |
Gewicht | Böcke bis 23kg, Geissen bis 20kg |
Kennzeichen der erwachsenen Tiere | Sommerhaar: rotbraun Winterhaar: graubraun Spiegel im Winterfell beim Bock nierenförmig, bei der Geiss herzförmig mit Schürze. |
Paarungszeit (Brunft oder auch Blattzeit) |
Juli/August |
Tragzeit | 42 Wochen, jedoch mit Keimruhe (August bis Dezember). Die effektive Tragzeit dauert 24 Wochen. |
Setzzeit | Mai bis Juni |
Anzahl Junge (Kitze) | meist 2 |
Säugezeit | ca. 5 bis 6 Monate |
Geweihzyklus beim erwachsenen Bock | Wachstum: Dezember bis April ~100 Tage. Fegen: März bis Mai. Abwurf: Oktober bis Dezember. |
Nahrung | Kräuter, Knospen, Blätter, Blüten, Früchte, Eicheln, Buchnüsschen. |
Äsungstyp | Konzentrationsselektierer |
Natürliche Beutegreifer | Fuchs, Luchs, Wolf |
Häufigste Schäden | Verbiss- und Fegeschäden. |
Verbreitungsgebiet (CH) | Ganze Schweiz, höchste Dichte im Mittelland. Kommt bis zur Baumgrenze vor. |
Erwachsene Tiere | Bock ♂ Geiss ♀ |
Jungtiere | Bockkitz ♂ Geisskitz ♀ |
Tiergruppe | Sprung |
Fell | Decke |
Augen | Lichter |
Ohren | Lauscher |
Beine / Füsse | Läufe / Schalen |
Schwanz | – |
Paarungszeit | Brunft |
Geburt | Setzen |
Windet und vernimmt sehr gut = Geruchssinn und Gehör sehr gut,
äugt nur bewegte Objekte (Bewegungsseher)
Das Reh ist sehr anpassungsfähig was die Wahl des Lebensraumes angeht. Grundsätzlich bevorzugt es jedoch ein Gelände das sowohl Äsungs- wie auch Deckungsmöglichkeiten bietet. Dieses Art von Gelände findet man besonders in den Übergängen zwischen Wald und offener Landschaft (schönes Beispiel ist hier in der Region Aesch, das Feldgebiet beim Schlatthof, das Aescherfeld).
Das Waldinnere wird ebenfalls gerne als Siedelgebiet angenommen, sehr willkommen sind Wälder mit sog. inneren Waldrändern die durch Windwurf, Waldbrände oder Bewirtschaftung entstehen.
Im europäischen Ausland gibt es auch reine Feldrehe welche das ganze Jahr hindurch im offenen Ackerland leben und dort Rudel bilden.
Erwachsene Rehe sind standorttreu und wählen jedes Jahr die selben Waldgebiete. Die Streifgebiete sind mit selten grösser wie 100ha eher bescheiden. In bergigen Gebieten wie den Alpen oder dem Jura können saisonale Wanderungen zwischen Winter und Sommer vorkommen.
Die erwachsenen Böcke nehmen im Frühjahr und Sommer ihre Territorien (Einstände) in Beschlag die sie gegenüber anderen Böcken sicht- und riechbar markieren – man nennt dies Fege- und Plätzstellen. Diese Plätze werden heftig verteidigt. Damit sichern sich die Böcke den Zugang zu den Geissen während der Brunftzeit. Geissen besetzen im Sommer ebenfalls Gebiete welche sie jedoch weit weniger heftig gegen andere Geissen verteidigen.
Ein Bockrevier besteht aus mehreren Sommereinständen von Geissen und deren Kitzen.
Junge, einjährige Böcke können keinen Einstand bilden und werden von den älteren Böcken vertrieben. Dies sorgt unter anderem zu einer genetischen Durchmischung der Rehbestände.
Im Winter schliessen sich Rehe beiderlei Geschlechtes und unterschiedlichen Alters zu sog. Wintersprügen zusammen. Solche Sprünge erhöhen die Sicherheit des einzelnen Rehs vor Raubfeinden.
Ein Reh hat täglich bis zu zwölf auf Tag und Nacht verteilte Äsungsperioden! Bei häuffigen Störungen kann es vorkommen das sich das Reh nur noch Nachts in das offene Kulturland traut und tagsüber nur noch im sicheren und deckungsreichen Tageseinstand äst. Dadurch kann es zu erhöhtem Verbiss an Tannen und dergleichen kommen.
Das Reh ist kein ausdauernder Läufer. Es schlüpft bei Gefahr lieber in Deckung. Dafür ist der Körper des Rehs bestens angepasst. Seine langen und starken Hinterläufe ermöglichen es kurze aber explosive Fluchten anzutreten. Das Reh versucht dabei im Dickicht durch mehrfaches kreuzen der eigenen Fährte und gar durch zurückkehren auf der Fährte mit seitlichem Abspringen (man nennt dies auch Wiedergang) den Verfolger abzuschütteln.
Das Geweih oder auch Gehörn des erwachsenen Bockes bildet sich als Spiesser-, Gabler- und Sechsergeweih aus. Eine Vielfalt von abnormen Genweihformen bilden sich als Folge von Verletzungen, Krankheiten oder hormoneller Störung aus. Die Form und Grösse des Geweihs steht nicht im Zusammenhang mit dem Alter oder der Erbanlage, es sind sozialer Status, Ernährungsbedingung und Konkurrenzsituation massgebend.
Das Geweih wird im März/April gefegt und im Herbst abgeworfen. Das erste Geweih (Knöpfchen oder auch Spiesschen) können sich schon beim Kietz ende Jahr bilden, es wird aber in den folgenden Monaten wieder abgeworfen. Im Spätwinter schiebt der Kietzbock das sog. ‚Jährlingsgeweih‘ das er dann im Mai und Juni fegt und dann wie die erwachsenen Böcke im Herbst abwirft. Starke einjährige (Jährlinge) Böcke können durchaus schon ein Sechsergeweih tragen.
Das Reh ist ein sogenannter ‚Konzentrationsselektierer‘ oder eben auch ein ‚Nascher‘. Der Grund für diese Bezeichnung liegt im kleinen Pansen den das Reh besitzt. Dies bedeutet für das Tier das es leicht verdauliche Nahrung aufnimmt dies dafür in vielen kleinen Äsungen. Das Reh nimmt als Nahrung energiereiche Kräuter, Blüten und Früchte auf – jedoch wenig Gras. Wie das Reh seine Nahrung selektiert kann man beim äsenden Reh sehr schöne beobachten.
Als Konsequenz ist das Reh auf konstant gute Äsungen angewiesen und kann weniger Fettreserven wie zB. Gämse oder Steinbock anlegen. Es ist somit im Winter schlecht auf Hungerperioden vorbereitet. In den Wintermonaten nimmt es gerne Knospen von Laubhölzern, Buchnüsschen und Eicheln zu sich.
Ein Problem was den Tierschutz anbelangt ist mit der Ernährungsweise des Rehes auch verbunden: Stress.
Rehe die durch Hunde, Spaziergänger oder Sportler im Winter aufgescheucht werden, verbrauchen für die Flucht wichtige Energie! Aus diesem Grund sollten – nein – müssen Hunde die nicht gut geführt werden im Wald und den Waldrändern an die Leine! So schön ein Winterspaziergang oder eine Jogging-runde in einem Winterwald auch sein mögen, so schädlich sind sie für Waldbewohner wie das Reh…
Die Losung des Rehes ist schwarzbraun gefärbt und glänzt im frischen Zustand. (Länge: 10-15 mm, Durchmesser: 7-10 mm)
Geschlechterbestimmung:
– Rehbock an einem Ende eingedellt, am anderen zäpfchenartig ausgezogen
– Rehgeiß schwach eiförmig
Die Hauptbrunft auch als Blattzeit bezeichnet, findet im Sommer (Juni/August) statt. Es gibt auch vereinzelt eine Nebenbrunft im November/Dezember. In dieser Zeit verteidigt der Platzbock sein Revier gegen Konkurrenten wobei es auch zu Territorialkämpfen kommen kann.
Ein junger Rehbock ist bereits ab dem ersten Lebensjahr Geschlechtsreif. Ob seine Teilnahme an der Brunft von Erfolg gekrönt ist, hängt von der Anwesenheit und somit Konkurrenz der älteren Rehböcke ab.
Rehgeissen werden bei guten Äsungsbedingungen bereits als Einjährige sog. Schmalrehe befruchtet/beschlagen. Diese Rehgeissen führen also im alter von 2 Jahren das erste mal Jungtiere.
Keimruhe
Nach dem Befruchten/Beschlagen fällt das befruchtete Ei in eine viermonatige Keimruhe. Der Embryo entwickelt sich erst im Januar. Dadurch wird sichergestellt, dass das Kitz in einer Nahrungsreichen Zeit zur Welt kommt (Mai/Juni).
Setzplatz
Die Rehgeiss wählt den Setzplatz so, dass er sonnig und trocken an einem gut bewachsenen Ort liegt – Felder sind hierbei bevorzugt.
Die frisch geborenen Kitze (in der Regel 2 bis 3) werden sofort nach der Geburt trocken geleckt, die Nachgeburt wird von der Mutter gefressen damit keine Fressfeinde angelockt werden. Die Kitze verstecken sich anschliessend in der Vegetation, dies wird ‚ablegen‘ genannt.
Tarnung
Die gute Tarnung des Kitzfelles und ihr absolut ruhiges Verhalten gepaart mit den praktisch nicht existierenden Eigengeruch machen die Kitze für Raubtiere sehr schwer wahrnehmbar.
Dies ist überlebenswichtig, da sie in den ersten Wochen noch nicht mit der Mutter flüchten können – die Mutter bleibt in dieser Phase beim Kitz um es gegen kleiner Raubfeinde – Raben, Füchse etc. – zu verteidigen. Die Rehgeiss setzt dazu die Vorderläufe ein.
Hierzu möchte ich auf folgenden Artikel verweisen
Da Rehe eine hohe Fortpflanzungsrate haben werden Einbrüche im Bestand in der Regel schnell ausgeglichen.
Es gibt jedoch Faktoren die den Bestand negativ beeinflussen…
- geringen Nahrungsangebot
- starke Konkurrenz mit anderen Rehen oder anderem Schalenwild
- Nasskaltes Wetter während der Setzzeit
- Lange Schneereiche Winter
- hohe Präsenz von Grossraubtieren (Fuchs, Luchs, Wolf)
- übermässige Jagd
Rehe werde selten älter wie 8 Jahre.
Hohe Rehbestände können Fegeschäden durch markierende Rehböcke und Verbissschäden an Gipfeltrieben von Junbäumen im Waldverursachen.
Weil das Reh gewissen Baumarten bevorzugt zb. die Weisstanne kann es zum Ausfall einer bestimmten Baumart führen.